1. Die Morphemarten
  2. Die 3 Wortzustände

1. Die Morphemarten

Wortbestandteile, die zur Flexion, zur Derivation oder zur Komposition herangezogen werden, nennt die Linguistik Morpheme. Sie sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache.

Die Linguistik unterscheidet Morphemarten nach ihrer

  1. Abhängigkeit: Können sie alleine stehen oder sind sie an ein Wort gebunden?
  2. Position im Wort (vorne – mittig – hinten)

Morphemarten nach ihrer Abhängigkeit

Manche Morpheme können als selbständige Wörter auftreten. Man nennt sie deshalb freie Morpheme. Unter den freien Morphemen werden Funktionswörter und Partikel von den lexikalischen Morphemen unterschieden.

Funktionswörter und Partikel:

Funktionswörter und Partikel sind aufzählbar, d.h. sie bilden eine geschlossene Klasse. Außerdem sind sie typische Kandidaten für eine Stoppwortliste. Sie sind für die Inhaltserschließung nicht wichtig.

Lexikalische Morpheme:

Die Klasse der lexikalischen Morpheme ist offen; in jeder Sprache kommen ständig neue Wörter hinzu.

Alle anderen Morpheme - also Flexive und Derivative - sind gebundene Morpheme (Affixe). Sie können nicht für sich allein stehen.

Ein Sonderfall gebundener Morpheme in der deutschen Sprache sind die Fugenmorpheme. Fugenmorpheme folgen einem lexikalischen Morphem, ohne Bestandteil davon zu sein; rechts von dem Fugenmorphem folgt ein weiteres lexikalisches Morphem oder ein Derivativ:

Weihnacht - s - mann , versehen - t - lich , wesen - t - lich , Schmerzen - s - geld.

Das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Fugenmorphems unterliegt keiner Regel; es stellt deshalb ein zusätzliches Problem bei der automatischen Verarbeitung von deutschen Wörtern dar.

Morphemarten nach ihrer Position im Wort

Affixe können vor, in und hinter einem lexikalischen Morphem auftreten. Im Deutschen gibt es sogar gebundene Morpheme, die ein lexikalisches Morphem umschließen.

Graphische Überblick: Morphemarten


2. Die drei Wortzustände bei der morphologischen Terminologiekontrolle

Durch die Terminologiekontrolle vereinheitlichen Dokumentare unterschiedliche Wortformen zu einer einheitlichen Grundform – meist Nominativ Singular. Dabei gehen sie davon aus, dass Wörter, die sich nur durch ihre Flexionsendungen unterscheiden, für die inhaltliche Erschließung von Dokumenten ein und dasselbe bedeuten: Kind – Kinder – Kindes bedeuten dasselbe und werden vereinheitlicht zu ‚Kind’.

Denkbar ist auch eine terminologische Kontrolle, die zusätzlich alle Derivationen eines Wortes zu seiner Stammform vereinheitlicht. Ein solches Verfahren kann sinnvoll sein: Intelligenz wird gleichgesetzt mit intelligent, kommunizieren mit Kommunikation.

Die drei Wortzustände bei der morphologischen Terminologiekontrolle werden wie folgt definiert:

An dem Beispiel ‚Verkleidungen – Verkleidung – Kleid’ können Sie erkennen, dass eine Reduktion der Wortformen auf ihre Grundform so gut wie keine Veränderung der Wortbedeutung nach sich zieht. Dagegen kann sich durch eine Reduktion auf die Stammform die Bedeutung des Ausgangswortes verändern. Deswegen erhalten Grundformen im Laufe einer automatischen Indexierung eine stärkere Gewichtung als Stammformen.

Das Sprachtechnologieunternehmen canoo bietet auf canoonet ein Tool an, mit dem sich Wörter automatisch morphologisch zerlegen lassen. Wie schwierig diese Aufgabe für eine Maschine sein kann, können Sie ausprobieren, wenn Sie einmal die Wörter "Hochschulgesetz" und "Hochschulpakt" analysieren lassen.

Zusatzinfo:
In der linguistischen Fachliteratur finden Sie eine breite Diskussion der Ursachen des Phänomens des Fugenmorphems.
Eisenberg, Peter: Grundriß der deutschen Grammatik. Band 1: Das Wort. Stuttgart: J.B. Metzler, 1998: 227-233. Online: www.fb10.uni-bremen.de/homepages/hackmack/morphologie/pdf/Eisenberg_Fuge.pdf (letztes Zugriffsdatum: 2015-10-14)

 

Stand: 14. Oktober 2015

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