Glossar einiger Fachbegriffe zur Filmdokumentation
Audiovisuelle Wahrnehmungseinheiten
Texte lassen sich in Einheiten wie Wörter, Sätze, Absätze, Kapitel usw. unterteilen. In der Filmsprache arbeitet man mit entsprechenden audiovisuellen Wahrnehmungseinheiten
- Einstellung
ununterbrochen Aufgenommenes zw. 2 Schnitten (als lange Einstellung gilt über 28 Sek. l Faustregel Mindestlänge für Wiederverwendung 15 Sek.)
- Sequenz
– räumlich-zeitlich od. sachlich-logisch
zusammenhängende Aufeinanderfolge
von Einstellungen
- Szene
räumlich und zeitlich begrenzter, dramaturgisch gestalteter Teil einer(Spiel-)Handlung
- Motiv
Element innerhalb der Handlung, das über eine oder mehrere Einstellungen in den Mittelpunkt der visuellen
Wahrnehmung gestellt wird
- Sujet
Thematik / Stoff einer Fernseh-/Film- /Videoproduktion
Beschreibung des Bildinhalts
Im Bildinhalt sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen, zunächst eine Unterscheidung verschiedener Bildmaterialien:
- bewegte Bilder im Realfilm (die eigentlichen Einstellungen und Filmsequenzen), Standbilder, Fotos,
- Trickaufnahmen der verschiedensten Sorte, wie sie in vielen Dokumentarfilmen vorkommen
- Graphische Darstellungen, sofern sie dem Bild zuzuordnen sind
Wichtig für eine genaue Beschreibung audio-visueller Materialien
sind auch Angaben über Einstellungsgrößen, Kameraeinstellungen, Aufnahmeverfahren und
Schnittmethoden. Eine allgemeingültige, standardisierte Definition
dieser Begriffe gib es nicht. Mit folgenden Begrifflichkeiten läßt sich
aber ganz gut arbeiten. Die deutsche und englische Begrifflichkeit stimmt nicht ganz überein, die kursiv geschriebenen Angaben bieten nur eine ungefähre Entsprechung)
- Bei einer Bildbeschreibung kann man allgemein unterscheiden
zwischen Vordergrund (VG), Mittelgrund (MG) und Hintergrund (HG)
Einstellungsgrößen
- (Detail / big close up) Die Detailaufnahme bildet nur einen Teil des VG-Motivs ab: Bei der Bezugsgröße Mensch: z. B. die Augen oder den Mund bzw. einen oder mehrere Finger einer Hand;im nichtmenschlichen Objektbereich: einen sehr kleinen Gegenstand, z. B. einen Mantelknopf, oder selektiv den Teil eines Gegestands, z. B. das Schlüsselloch eines Türschlosses, den Henkel einer Kanne, die Schrauben einer Autofelge.
- (ganz groß / big close up) Die Ganzgroßaufnahme bildet ausschließlich das VG-Motiv ab; nur relevant hinsichtlich Bezugsgröße Mensch: Kopf oben und unten durch die Ausschnittsbegrenzung "abgeschnitten", Abbildung eines einzelnen Gesichts, im Anschnitt jedoch auch von zwei Gesichtern möglich
- (groß / close up) Die Großaufnahme bildet vorwiegend VG-Motive ab: bei Bezugsgröße Mensch: z. B. bildfüllend - frontal, im Halbprofil oder Profil - den Kopf (maximale Begrenzung = Hals und Haartracht bzw. oberster Hemdknopf oder Kragen bis Kopfbedeckung) bzw. eine Hand oder beide Hände;im nichtmenschlichen Objektbereich: bildfüllend einen kleineren bis mittelgroßen Gegenstand, z. B. ein Türschloß, eine Kanne, das Rad eines Autos.
- (Nah / close shot) Die Nahaufnahme bildet vorwiegend VG-Motive ab: bei Bezugsgröße Mensch: Oberkörper (etwa bis zur Hälfte)einer einzelnen Figur oder einer kleineren Figurengruppe;im nichtmenschlichen Objektbereich: bildfüllend einen mittelgroßen Gegenstand z. B. einen Tisch oder ein Fahrrad.
- (Halbnah medium close up) Die Halbnahaufnahme bildet vorwiegend MG-Motive ab,nur relevant hinsichtlich Bezugsgröße Mensch:eine einzelne Figur oder eine Figurengruppe mit zwei Drittel der Körpergröße (etwa bis zum Knie/Unterschenkel
- (Halbtotale / medium shot) Die Halbtotale bildet vorwiegend MG und HG-Motive ab,bei Bezugsgröße Mensch: eine einzelne Figur oder eine Figurengruppe bildfüllend;im nichtmenschlichen Objektbereich: einen größeren Gegenstand, z. B. ein Auto bzw. einen Gebäudeteil, z. B. eine Zimmerhälfte (Innenraum) oder ein Fassadenteil (Außenraum).
- (Totale / wide shot) Die Totale bildet vorwiegend HG-Motive ab. Bei Bezugsgröße Mensch: eine einzelne Figur oder eine Figurengruppe in der Gesamtheit der Szenerie, im nichtmenschlichen Objektbereich: mehr als bildfüllend die Gesamtansicht eines Gebäudes/Bauensembles (Im Außenraum) oder z. B. ein Zimmer als Guckkastenbühne, also mit drei Seitenwänden (im Innenraum)
- (Panorama) Die Panoramaaufnahme bildet ausschließlich HG-Motive ab; vor allem im nichtmenschlichen Objektbereich: Landschaftsaufnahmen, die die Weite und Tiefe des Raums wiedergeben, bei Bezugsgruppe Mensch: eine einzelne Figur oder Figurengruppe in freier Landschaft (auch am Horizont)
Kameraeinstellungen
- Fahraufnahme Einstellung mit Anschnitt des Fahrzeugs, d.h. das Fahrzeug, aus dem heraus oder von dem aus gefilmt wird, ist teilweise sichtbar.
- Flugaufnahme Einstellung mit Anschnitt des Flugzeugs
- Luftaufnahme Aufnahme aus Luftfahrzeugen ohne Anschnitt
- Fotodokumentation Reihe von Fotos oder Bildern, nicht bewegt
- Untersicht / low angle Positionierung der Kamera im vertikalen Bereich: tiefliegende Position. Extremfall: Froschperspektive
- Obersicht / high angle Positionierung der Kamera im vertikalen Bereich: hochliegende Position. Extremfall: Vogelperspektive
- belebt Ansicht von Plätzen und Orten mit sich darauf bewegenden Personen oder Fahrzeugen
Schnittmethoden und Einstellungen
- versch. kurze Einstellungen thematisch zusammengehörende Sequenz von kurzen Einstellungen, jede kürzer als ca. 15. Sekunden.
- versch. Einst. / General views thematisch zusammengehörige Sequenz von mehreren Einstellungen, von denen mindestens eine die Soll-Länge von ca. 15 Minuten erfüllt
- lange Einst. mindestens 28 Sekunden
- versch. Einst.,z. T. lang / various shots thematisch zusammengehörige Sequenz von mehreren Einstellungen, mindestens eine ist lang
- (gesplittet) Wenn eine Person mehrmals mit einem Statement in einem Beitrag auftritt, wird sie nicht jedes Mal erwähnt, sondern beim ersten Auftreten der Person wird hinter den Namen in Klammern "gesplittet" vermerkt.
"Statement Steinkamp (gesplittet)(zum Afghanistan Einsatz der Bundeswehr)"
Sichtweise
- frontal frontale Abbildung des Motivs
- seitlich / Profilside view Abbildung des Motivs von der Seite oder im Profil
- von hinten / rear view Abbildung des Motivs mit dem Rücken zur Kamera
- Gegenlichtaufnahme Aufnahme in Richtung auf das Hauptlicht
- Schwenkpanning / shot camera left camera right Veränderung des Bildes durch Kamerabewegung in horizontaler oder vertikaler Richtung
- Zeitlupe / slow motion Größere Bildwechselfrequenz bei der Filmaufnahme gegenüber der Wiedergabe
- Zeitraffer /fast motion verlangsamte Bildwechselfrequenz bei der Aufnahme gegenüber der Wiedergabe
- Zoom / zoom in zoom out Kamerafahrten werden durch Brennweitenveränderungen vorgetäuscht, z. B. beim schnittfreien Übergang von der Totalen zur Großaufnahme ohne Veränderung des Kamerastandpunkts
Meine Quellen:
Einführung in die Filmphilologie, hg. v. Ludwig Bauer,
Elfriede Ledig und Michael Schaudig. München : Schaudig, Bauer, Ledig,
1991, (=diskurs film. Münchner Beiträge zur Filmologie, Bd. 4)
S.171-172.
Susanne Pollert, Film- und Fernseharchive. Bewahrung und Erschließung audiovisueller Quellen in der Bundesrepublik Deutschland. Potsdam 1996 (=Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs, Bd. 10))
Ulrike Spree
Stand: Monday, 03-March-2006 17:21:33 CEST |